Raum schaffen für Optimismus

Es ist der 1. Mai. Wunderbares Wetter. Auf dem Weg nach Potsdam schalte ich das Radio ein. Auf Radioeins läuft ein Radioday, wie meistens an Feiertagen. Dabei geht es jeweils einen ganzen Tag um ein Thema. Beim heutigen Radioday wird nur Gutes und Optimistisches berichtet. „Alles Gute!“ ist das Motto. Wann gibt es das im Radio? Eindeutig nie. Wir sind es wirklich nicht gewohnt, mit optimistischen Nachrichten gespeist zu werden. In der Regel hören wir schlechte Meldungen aus Deutschland und aus aller Welt, die sich bleiern auf unsere Gemüter legen und uns gleichzeitig stumpf für all das Elend, die Kriege und das ökologische Desaster werden lassen. Es gibt ja diesen Spruch „Only bad news are good news“, das gilt wohl für die Quote, denn leider scheinen wir so eine Art Sensationsgen in uns zu tragen, denn die negativen Meldungen dringen einfach schneller zu uns. Das muss auch ich mir eingestehen. 

Und nun gibt es einen ganzen Tag lang ausschließlich Berichte über Projekte, Entwicklungen oder Ideen, die gut sind und etwas positiv voranbringen. Eine großartige Idee! Ich höre kurze Beiträge darüber, wie gut sich der Fischbestand in der Oder nach dem großen Fischsterben 2022 erholt hat. Viel besser als erwartet! Ich erfahre allerlei über die rasante wirtschaftliche Entwicklung der Solarenergie, die hoffen lässt. Ein Bericht über die Geschichte der Arbeiterbewegung zeigt, welche Rechte Beschäftigte heute haben und wieviel sich in den letzten 100 Jahren positiv verändert hat. In einem anderen Beitrag wird darüber gesprochen, wie sich die Verkehrssituation in der Pariser Innenstadt entwickelt hat. Fußgänger, ÖPNV und Fahrrad haben „die Nase vorn“. Erst dann kommen die Autos. Eine weitere Erfolgsstory ist der Babyboom bei den einst vom Aussterben bedrohten Kegelrobben auf Helgoland. Positives aus unterschiedlichen Bereichen reiht sich aneinander. Ich merke, wie gut mir das tut. Den Blick vom Negativen weglenken und endlich einmal wieder wahrnehmen, dass es Vieles gibt, das Mut machen kann. Und wahrnehmen, wie viele Menschen dahinterstehen, die voller Visionen, Wissen, Erfahrungen und Energie stecken. All das hat nichts damit zu tun, sich alles Schlechte schön reden zu wollen. Es ist eher ein Anstoß, aus dem emotionalen Tief und der Negativspirale herauszukommen und den eigenen Optimismus-Motor neu anzuwerfen. 

Parallel zu den Berichten erzählen Hörerinnen und Hörer über positive Erlebnisse in ihrem Alltag. Über eine schöne Begegnung, hilfsbereite Nachbarn oder freundliche junge Menschen. Es ist ein Tag, an dem kein Platz für negative Gedanken und Pessimismus sein soll. Erholung für die Seele. Die Chance wahrnehmen, den eigenen Blick in eine andere, gute Richtung zu lenken. 

Ich bin mittlerweile an der Glienicker Brücke angelangt. Mein persönliches Lieblingspanorama auf dem Weg nach Potsdam.  Links der Blick auf Schloss Babelsberg, rechts die Segelboote auf dem ruhig daliegenden Wannsee. Ein wunderschöner Anblick. 

Straße und Gehweg sind voller Menschen, denen ihre gute Laune anzusehen ist. Bewegung überall. Biker, Fahrräder, Skater, Läufer, rennende Kinder, Spaziergänger – jung und alt.  Es sieht nach Aufbruch aus. An diesem Tag scheint Leichtigkeit zu herrschen. Im Radio läuft „Ain’t no mountain high enough“. Ein passendes Motto für einen optimistisch stimmenden 1. Mai. Ich hoffe, es bleibt etwas von diesem besonderen Gefühl. 

Ein Kommentar Gib deinen ab

  1. Anke sagt:

    Ich stimme deinen Gedanken voll und ganz zu, danke für diesen Beitrag.
    Von dem Fischsterben in der Oder hatte ich damals unweigerlich auch gehört, das positive Follow-up bezeichnenderweise leider nicht. Ich hoffe, der Radioday hatte viele Zuhörer.
    Ich habe seit einiger Zeit zwei wöchentliche Newsletter mit Good News abonniert und muss gestehen, dass ich sie kaum lese. Ich wünsche mir eine ausgewogenere allgemeine Berichterstattung, eben mit Nachhaken und positiven Rückmeldungen, wenn es solche zu vorher diskutierten Negativschlagzeilen gibt.
    Herzliche Grüße und ein schönes Wochenende, liebe Roswitha!

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